Der März neigt sich seinem Ende zu, meine Arbeit am Manuskript zu Der Hexenschöffe allerdings noch nicht ganz. Dennoch will ich auch in diesem Monat wieder für euch mit einem (wie immer noch unlektorierten) Textschnipsel aufwarten. Diesmal lernt ihr Hermann Löhers Ehefrau Kunigunde kennen, mit der er acht lebende Kinder hatte.

Voilà:

Hermann rang verzweifelt nach Atem, hatte das Gefühl zu ersticken. Sein Herz raste so heftig in seiner Brust, dass es schmerzte.

»Es ist alles gut«, sagte Kunigunde. »Du hast nur geträumt.«

»Geträumt?« Seine Stimme kratzte ihn im Hals. Sogleich wandte Kunigunde sich ab und goss Wein aus einem Krug in einen Zinnbecher. Er nahm ihn ihr dankbar ab und trank in gierigen Schlucken. Seine Hände zitterten, als er das Gefäß sinken ließ. »O Gott«, murmelte er, als sie Erinnerung an den Traum ihn einholte. »Ich war dort. Es fängt wieder an.«

»Es war der Traum von Christina Böffgens, nicht wahr?« Kunigunde rückte wieder näher zu ihm und legte ihm den rechten Arm um die Schultern.

Dankbar lehnte er sich an sie, atmete tief durch. Die Augen zu schließen, vermied er jedoch aus Angst, den anklagenden Blick der sterbenden Frau erneut vor sich zu sehen. »Was soll ich tun? Ich kann nichts dagegen ausrichten.«

»Ruhig, Hermann. Es war nur ein Traum. Er ist vorbei.«

»Nein, du verstehst nicht …«

»Schsch …« Sie drückte zärtlich ihre Lippen gegen seine Schläfe. »Vergiss den Traum einfach. Denk an morgen, an deine Geschäfte. An den Geburtstag deiner Tochter in ein paar Tagen. Maria wird schon sechzehn, stell dir das mal vor. Gewiss wird sie dieses Jahr zum ersten Mal als Mailehen ersteigert. Hoffentlich von einem braven, schmucken jungen Mann.«

»Nein, Kuni, bitte, hör zu.« Da sich sein Atem endlich etwas beruhigt hatte, setzte Hermann sich im Bett auf und griff nach der Hand seiner Frau. »Ich muss dir etwas sagen.«

Seine ernste Miene bewirkte, dass Kunigunde sich nun ebenfalls aufrichtete. In ihre Augen trat ein alarmierter Ausdruck. »Was ist denn geschehen?«

»Das Schlimmste«, antwortete er mit tonloser Stimme. »Das Schlimmste, Kuni. Es geht wieder los, und ich kann nichts dagegen tun.«

»Aber es war doch nur ein Traum«, versuchte sie ihn zu beruhigen. »Gewiss, wir dachten, die Zeit deiner Albträume sei lange vorbei, aber du weißt doch, dass so etwas immer mal wieder …«

»Nein, nein, nicht der Traum.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Das Brennen. Es fängt wieder an.«

Einen Moment lang herrschte entsetztes Schweigen zwischen ihnen.

»Das Hexenbrennen geht wieder los?« Er konnte sehen, wie alles Blut aus Kunigundes Wangen wich. »Bist du sicher? Vielleicht irrst du dich. Es wird doch so viel geredet.«

»Ich bin sicher.« Wieder drückte er ihre Hand, dann zog er sie fest in seine Arme. »Es kommt wieder ein Hexenkommissar nach Rheinbach. Schon in den nächsten Tagen wird er eintreffen.«

»Buirmann?«

Hermann presste kurz die Lippen zusammen. »Nein, nicht Buirmann. Sie schicken Jan Möden.«

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Über Kommentare, Fragen, erste Eindrücke zu diesem Textschnipsel würde ich mich wie immer sehr freuen.

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Petra Schiers großer Schicksalsroman: Eine wahre Geschichte aus dunkler Zeit

Ganz Deutschland ist vom Hexenwahn ergriffen. Hermann Löher, Kaufmann und jüngster Schöffe am Rheinbacher Gericht, hat Angst um Frau und Kinder. Er glaubt nicht an Hexerei und die Schuld derer, die bereits den Flammen zum Opfer fielen. Eine gefährliche Einstellung in diesen Zeiten. Als die Verhaftungswelle auch auf Freunde übergreift, schweigt Löher nicht länger. Und schon bald beginnt für ihn und seine Frau ein Kampf gegen Mächte, die weit schlimmer sind als das, was man den Hexen vorwirft …

Buchvorschautext, Quelle: www.rowohlt.de

SU_978-3-499-26800-7_E9Der Hexenschöffe
Historischer Roman
Petra Schier
Rowohlt-Taschenbuch, ca. 450 Seiten
ISBN 978-3-499-26800-7
9.99 Euro
Erscheint im Oktober 2014

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