Wer Adelina kennt, weiß auch, wer Moses ist. Nein, nicht der biblische, sondern ein sandfarbener wuscheliger kleiner Hund, der eines Tages vor Adelinas Hintertür auftauchte und seither ein Mitglied ihrer turbulenten Familie ist.

Es war an einem ganz normalen Schreibtag. Ich befand mich gerade mitten im Manuskript zu Mord im Dirnenhaus und geriet in ein fürchterliches Gewitter. Okay, nicht wirklich, denn dann hätte ich ja den PC ausschalten müssen. Im Buch gewitterte und stürmte es, was das Zeug hielt. Und während ich mir noch Gedanken darüber machte, wie dieses Gewitter Adelinas Gemütszustand bildlich widerspiegelte, erblickte ich über dem Rand meines Bildschirms das Gesicht besagten Hundes, das mich freundlich und ein wenig erwartungsvoll anlächelte.

O ja, Hunde können lächeln! Selbst fiktive sind darin sehr gut und verfügen, wie ihre echten Artgenossen zudem über ausgesprochen überzeugende Mittel und Wege, ihren Willen kundzutun und durchzusetzen. Dieser Hund jedenfalls – ich weiß bis heute nicht, woher er gekommen ist – wollte unbedingt in meine Geschichte hinein. Keine Widerrede, keine Kompromisse. Er hatte es sich bereits mit dem Kopf auf meinem oberen Bildschirmrand bequem gemacht.

Nun mag ich Hunde ausgesprochen gern. Und auch Fine, die schwarzweiße Katze, die Adelinas Bruder Vitus gehört, hatte nichts gegen diesen neuen Vierbeiner, der ein wenig struppig und wie ein Haufen zerschlissener Seile aussah. Im Gegenteil! Ich vermute, Fine hat ihn während des Unwetters irgendwo aufgegabelt und ihm erzählt, dass nicht nur Adelina eine nette, gutherzige Hausherrin ist, sondern dass ich, die “Herrin über den Roman”, ein leichtes Opfer bei Angriff eines treuherzigen Hundeblicks bin.

Kurz und gut: Ich erklärte mich einverstanden … und Adelina ebenfalls, als sie in das freundlich lächelnde Hundegesicht auf ihrer Türschwelle blickte. Seither lebt Moses Seite an Seite mit Fine im Hause Burka.

Und wer mir jetzt nicht glaubt, dass die Geschichte sich so zugetragen hat, sollte einmal selbst versuchen, einen Roman zu schreiben. Ihr würdet euch wundern, was man dabei alles erleben kann. Denn Figuren, ob zwei- oder vierbeinig, sind lebendig. Sie existieren wirklich … wenn auch nur in unseren Köpfen.

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