Erinnert ihr euch noch an Elena, die Designerin und Schwester des Journalisten Carsten Braumann aus Vier Pfoten und das Weihnachtsglück? Sie hatte ihrem Bruder die Hündin Lulu aufs Auge gedrückt (im wahrsten Sinne des Wortes), weil sie mit ihrem Verlobten in die Karibik abschwirren wollte.

Tja, was soll ich sagen? Sie ist wieder zurück.

Ob sie immer noch zu verrückt und ausgeflippt ist wie damals, wollt ihr wissen? Hm. Nein, ich verrate es nicht. Wartet es ab!

Viel Spaß mit dem neuen Textschnipsel aus “Vier Pfoten retten Weihnachten”!

Steffen verdrehte die Augen. »Was hast du mir da bloß eingebrockt? Hättest du mich nicht zuerst fragen können?«
»Das hat sie nicht gemacht, weil du sonst gleich nein gesagt hättest.« Sabrina, die ebenfalls mit einer Hand die Steuerung der Wii bediente, grinste über die Schulter. »Jetzt kannst du das nicht mehr machen.«
»Und wie ich das kann.« Verärgert verzog Steffen die Lippen. »So einen Quatsch kann ich jetzt nicht brauchen. Dazu habe ich viel zu viel am Hals.«
»Genau deshalb kommt sie ja her«, erklärte Annalena geduldig. »Damit sie dich ein bisschen entlasten kann. Ich habe das Gästezimmer schon für sie vorbereitet und auch schon den gesamten Papierkram erledigt. Du musst zwar auch noch unterschreiben, aber das eilt jetzt nicht so. Heute ist sowieso Freitag und vor Montag brauchen wir die Papiere gar nicht abzugeben.«
»Sie soll hier einziehen?« Steffen schnappte nach Luft.
»Für die nächsten zwei Monate«, bestätigte sie.
»Du spinnst wohl!«
»Nein, überhaupt nicht. Sie soll ja …« Annalena unterbrach sich, als der melodische Türgong erklang. »Oh, das wird sie schon sein.«
»Was? Ich glaube, mein Schwein pfeift! Sie kommt heute schon hierher? Jetzt?«
»Ich geh schon!« Wie der Blitz war Sabrina aufgesprungen, hatte die Steuerung der Wii auf den Couchtisch gepfeffert und war bereits auf dem Weg zur Haustür, bevor Annalena oder Steffen reagieren konnten. Jan folgte ihr auf dem Fuße.
Annalena beeilte sich, ebenfalls hinaus in die Diele zu kommen, doch da hatte Sabrina die Tür bereits geöffnet.
»Hallo. Sind Sie Elena? Sie sind aber hübsch!« Das Mädchen sah mit großen Augen zu der blonden Erscheinung auf, die, in einen flauschigen, weißen Plüschmantel gehüllt, auf der Türschwelle stand.
»Hallo zurück. Du musst Sabrina sein.« Elenas Stimme klang angenehm. Nicht zu hell und samtig weich. »Du bist aber auch eine ganz Hübsche.« Ihr Blick wanderte über den Kopf des Mädchens hinweg ins Innere des Hauses und traf auf den von Annalena. »Guten Tag.«
»Guten Tag, Frau Braumann.« Annalena trat rasch auf sie zu und streckte die Hand aus. »Ich bin Annalena Kilian. Wir hatten E-Mails ausgetauscht.« Elenas Händedruck war warm und fest. »Herzlich willkommen in unserer Räuberhöhle. Oder vielmehr in der meines Bruders und seiner beiden kleinen Monsterchen.« Sie legte Sabrina eine Hand auf die Schulter und sah sich nach Jan um, der in etwas Abstand stehengeblieben war und Elena anstaunte. »Kommen Sie doch herein. Sind Sie mit dem Auto da?« Annalena warf einen Blick durch die Tür und sah einen nagelneuen weißen SUV in der Auffahrt parken. »Mein Bruder Steffen wird Ihnen nachher beim Hereintragen Ihres Gepäcks helfen.«
»Danke.« Elena betrat das Haus und sah sich neugierig um. »Schön ist es hier. So freundlich und hell.«
»Sie sehen ja aus wie eine von Sabrinas Barbies«, entfuhr es Jan, der noch immer wie festgewachsen auf der gleichen Stelle stand.
»Jan!« Tadelnd schüttelte Annalena den Kopf. »Was redest du denn da? Willst du Frau Braumann nicht erst mal höflich begrüßen?«
»Ja, klar. Hallo.« Nun kam der Junge doch ein paar Schritte näher.
»Hallo Jan. Nett, dich kennenzulernen.« Elena schenkte dem Jungen ein hinreißendes Lächeln, das vermutlich sogar Steine zum Zerfließen hätte bringen können.
Annalena musterte die Frau unauffällig. Jan hatte recht, sie wirkte wie eine zum Leben erwachte Barbiepuppe. Auf ihren hochhackigen Stiefeletten war sie annähernd einen Meter achtzig groß, schlank und mit beneidenswerten Kurven an genau den richtigen Stellen. Ihre langen Beine steckten in hellgrauen, mit Nieten und Stickereien verzierten Designerjeans ihres eigenen Modelabels. Das seidige, blonde Haar fiel ihr duftig auf die Schultern und umrahmte ein geradezu skandalös ebenmäßiges Gesicht mit hohen Wangenknochen, großen graublauen Augen und vollen Lippen. Sie war nur dezent geschminkt, doch so vorteilhaft, dass sie wirkte wie gerade aus einer Plakatwerbung für den frischen Frühlingsmorgen entstiegen.
»Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?« Annalena streckte erneut eine Hand aus und warf kurz einen Blick über die Schulter zu ihrem Bruder. Steffen stand im Durchgang zum Wohnbereich, mit der Schulter gegen einen Mauervorsprung gelehnt, die Arme verschränkt. Sein Blick war in einer Mischung aus Misstrauen und Verblüffung auf Elena gerichtet.
»Das ist sehr nett.« Elena schälte sich anmutig aus dem Mantel und reichte ihn Annalena. Dabei machte sie zwei Schritte vorwärts. Plötzlich geriet sie ins Schlingern und fuchtelte hektisch mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Sie stieß einen erschrockenen Laut aus und landete im nächsten Moment unsanft auf ihrem Hinterteil. Eines von Jans Matchbox-Autos schoss ein Stück über den bunten Läufer und knallte gegen Jans Fuß.
Für einen langen Moment war es totenstill. Annalena starrte erschrocken auf die Frau am Boden. Als sie sich wieder fing und ihr zu Hilfe eilen wollte, hörte sie zu ihrer Überraschung Elena herzlich auflachen. Verblüfft hielt sie inne.
»Na, so was!« Elena machte keine Anstalten aufzustehen. Stattdessen beugte sie sich vor und angelte nach dem kleinen schwarzen Auto. »Was ist das denn? Ein Porsche 911? Sie blickte zu Jan auf, dessen Gesicht sich puterrot verfärbt hatte. »Gehört der dir?«
»Ähm, ja, ähm, Tschuldigung. Den hab ich total vergessen …«
»Schicker Schlitten. Mein Bruder wollte sich mal so einen kaufen.«
»Echt?« Jan starrte sie an.
»Ja.« Elena sah lächelnd zu dem Jungen hoch. »Aber dann war ihm der Wagen doch zu teuer. Und unpraktisch ist er auch. Mein Bruder ist nämlich im Sommer Vater geworden und da braucht man eher eine Familienkutsche als einen Sportwagen.« Grinsend streckte sie die Hand in Jans Richtung aus. »Hilfst du mir aufzustehen?«
»Äh, ja, klar.« Jan ergriff Elenas Hand, und obwohl er gar nicht die Kraft hatte, sie hochzuziehen, brachte sie es fertig, so aufzustehen, dass es aussah, als habe er sie auf die Füße gezogen.
»Danke, Jan. Du bist ja ein echter Gentleman.« Vollkommen unbefangen und ohne den geringsten Ärger über den kleinen Vorfall zu zeigen, betrachtete Elena Jans eingegipste linke Hand. »Was hast du denn da angestellt? Boxkampf?«
Jan grinste schief. »Nö, der Jonathan ist auf meine Hand draufgefallen. Beim Fußballtraining.«
»Autsch!«
»Ja.« Der Junge nickte. »Hat ziemlich wehgetan.«
»Da sind ja noch gar keine Verzierungen drauf.«
»Was für Verzierungen?« Fragend sah Jan zu ihr auf.
Elena lächelte. »Na, der Gips muss doch verziert werden. Angemalt. Darin bin ich Meisterin. Ich hatte nämlich schon dreimal einen Gips.«
»Echt, dreimal? An der Hand?« Seine Augen wurden kugelrund.
»Nein, einmal am Arm, blöderweise auch noch rechts. Damals war ich acht und bin mit dem Fahrrad gestürzt. Dann, als ich zwölf war, habe ich mir beim Skifahren das Bein gebrochen. Seitdem kriegen mich keine zehn Pferde mehr auf ein Paar Skier. Und das dritte Mal …« Sie zögerte. »Das sollte ich eigentlich nicht erzählen, weil es peinlich ist und kindisch.« Sie zuckte die Achseln. »Da war ich schon fünfundzwanzig und geriet in einen bösen Streit mit einer Frau, die meine erste Kollektion von Abendkleidern beleidigt hatte. Erst bin ich ja noch ruhig geblieben, aber sie hat mich immer weiter provoziert und, na ja, ich war ein wenig angetrunken. Das Ganze ist nämlich auf einer Party passiert. Irgendwann bin ich ausgeflippt und hab ihr eine gescheuert. Mit der Faust.«
Jan stieß einen überraschten Laut aus, Sabrina kicherte.
»Und, haben Sie sie umgehauen?« Sabrina hing erwartungsvoll an Elenas Lippen.
»Sabrina!« Annalena schüttelte empört den Kopf.
Elena nickte. »Allerdings. Dafür musste ich später Sozialstunden leisten. Was auch vollkommen okay war, denn man schlägt keinen Menschen, auch wenn er einen zur Weißglut bringt. Allerdings hab ich mir dabei die Hand gebrochen. Ihr glaubt nicht, wie hart ein Kopf ist, wenn man dagegen boxt. Und wieder mit rechts, ich konnte wochenlang nicht arbeiten!«
»Cool!« Für Jan hatte Elena offensichtlich bereits Heldenstatus erreicht.
»Nein, nicht cool. Die Sache ist mir jahrelang in der Klatschpresse nachgetragen worden. Manchmal wird sie heute noch aufgewärmt.« Erneut erschien ein Lächeln auf Elenas Lippen. »Aber zumindest habe ich seither einiges an Übung im Verschönern von Gipsverbänden. Wenn du möchtest, helfe ich dir dabei. Ich brauche nur ein paar wasserfeste Stifte dazu.«
»Au ja! Jetzt gleich?« Jans Augen funkelten erwartungsvoll.
»Vielleicht lässt du mich zuerst mal deinen Vater begrüßen.« Elena trat nun endlich auf Steffen zu, der nach wie vor schweigend am Mauervorsprung lehnte, sich nun aber aufrichtete, als sie ihm ihre Hand hinhielt. »Sie müssen Herr Kilian sein. Sehr erfreut.«
»Mhm. Guten Tag.« Steffen ergriff zögernd ihre Hand und runzelte die Stirn. »Wir … Ich hatte Sie nicht so rasch hier erwartet. Meine Schwester hat es verabsäumt, mir mitzuteilen, dass sie Sie hier … eingestellt hat.«
»Tatsächlich?« Überrascht sah Elena Annalena an, die daraufhin etwas hilflos die Schultern hob.
»Ja, also, das war eine taktische Entscheidung. Steffen glaubt nicht, dass er Entlastung braucht, ich hingegen schon.«
»Ich auch!«, rief Jan.
»Und ich auch«, fiel Sabrina mit ein.
Nachdenklich blickte Elena von einem zum anderen, dann nickte sie leicht. »So ist das also. Ein Anschlag auf das Familienoberhaupt.« Sie lächelte Steffen zu. »Das tut mir leid. Ich hoffe, Sie können sich trotzdem mit dem Gedanken anfreunden, mich für ein Weilchen im Haus zu haben. Ich würde wirklich gerne helfen.«

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